Heute geht es über die Grenze nach Mexiko und ein ganz neues Kapitel meiner Reise beginnt. Obwohl ich mich schon lange auf diesen Tag gefreut habe, radle ich mit sehr gemischten Gefühlen dem Grenzübergang in Tijuana entgegen. Da sind einerseits die vielen schönen Erinnerungen und Erlebnisse an frühere Reisen in Mexiko , andererseits wurde ich in den USA ständig gewarnt und habe fast ausschliesslich Negatives über dieses Land gehört. Es bleibt mir also nichts anderes übrig, als mir selbst ein Bild von der gegenwärtigen Situation zu machen.
Der Grenzübergang in Tijuana ist riesig, unüberschaubar, chaotisch und in Richtung Mexiko so gut wie offen. In Sog hunderter Menschen zwänge ich mich mit dem Fahrrad durch die schmalen Drehtüren. Jetzt nur nicht schon wieder der Versuchung erliegen, möglichst schnell aus diesem Rummel rauszukommen. Von einer früheren Reise weiss ich, dass ein fehlender Einreisestempel jede Menge Aerger mit sich bringt.
Also mache ich mich auf die Suche nach dem zuständigen Beamten und werde von einem Büro ins nächste weitergereicht. Schliesslich lande ich vor einem Schalter, hinter dem ein schwergewichtiger Mann in Uniform sitzt, in dessen Gesicht ich sofort erkennen kann, dass ich gerade ungelegen komme. Manchmal habe ich das Gefühl, diese Länder stellen zur Abschreckung die ungehobelsten Beamten an ihre Grenzen. Bevor ich den Stempel bekomme, soll ich an einem Schalter auf der anderen Strassenseite 25 Dollar Touristengebühr bezahlen.
Von dieser seltsamen Gebühr habe ich nie was gehört und ich bin fest davon überzeugt, schon das erste Mal übers Ohr gehauen zu werden, bevor ich überhaupt mexikanischen Boden betreten habe. Blöderweise frage ich ihn, ob das eine offizielle Gebühr ist. Diese eine Frage bringt den Mann komplett aus der Fassung. Er wird fuchsteufelswild, beginnt wie ein Verrückter herumzuschreien und wirft mich aus seinem Büro. Ich soll dahin verschwinden, wo ich herkomme. Für einen kurzen Moment zweifle ich wirklich daran, ob ich überhaupt in ein Land will, in dem ich mit einer solch überschwänglichen Herzlichkeit empfangen werde. Ich muss mir schnell irgend etwas einfallen lassen.
Meine Möglichkeiten in diesem Moment sind aber leider sehr überschaubar und mir ist klar, dass der einzige Weg nach Mexiko über diesen einen Beamten führt.
Als ich nach einer Weile wieder das Buero betrete, hat er sich halbwegs beruhigt. Es bleibt mir nichts anderes übrig, als mich in aller Form bei ihm zu entschuldigen und ihn zum Koenig zu erheben, um endlich zum ersehnten Stempel zu kommen. Im Nachhinein ist mir natürlich klar, dass ich ihn mit meiner Frage beleidigt und indirekt der Korruption beschuldigt habe. Die Gebühr geht in Ordnung und ich hätte mir eben Zeit nehmen sollen, im Reiseführer genauer nachzulesen.
Schon nach den ersten paar Schritten in Mexiko hat man das Gefühl in einem ganz anderen Kosmos angekommen zu sein. Sofort bringen die Gerüche der umliegenden Tacobuden, das Gehupe der Autos und das geschäftige Treiben auf den Strassen angenehme Erinnerungen zurück.
Ich habe mir vorgenommen Tijuana zu umfahren, um möglichst schnell aus der Grenzzone rauszukommen. Ich radle eine Weile an der Grenzmauer entlang, die so vielen Menschen in diesem Land, die Aussicht auf ein besseres Leben versperrt.
Zwei Wege führen von hier zum nächsten Ziel nach Ensenada. Highway 1d, eine schnell, gut ausgebaute Mautstrasse auf der Fahrräder leider verboten sind und Highway 1, eine eher schmale, hügelige Strasse mit viel Verkehr.
Obwohl ich ständig den Schildern zum Einserhighway folge, lande ich trotzdem auf dem 1d. Kurz vor der ersten Mautstelle, werde ich von der Polizei angehalten und freundlich darauf hingewiesen, dass ich zurück nach Tijuana müsse, um die andere Strasse zu nehmen. Ich erkläre ihnen, über wie viele anstrengende Hügel ich schon gefahren sei und dass ich mich in Tijuana nicht sicher fühle. Das man Gesetze hier in Lateinamerika manchmal situationsbedingt ein wenig zurechtbiegen kann, kommt mir heute sehr gelegen.
Der Polizist erklärt mir genau, wie ich die Mautstation am besten umgehen kann, um dann kurz danach wieder auf die Schnellstrasse zu gelangen. Willkommen in Mexiko.
Dieser Highway hat einen breiten Seitensteifen, es herrscht ganz wenig Verkehr und er führt an einer spektakulären Steilküste entlang. Auf ihm kann ich in aller Ruhe nach Ensenada radeln.
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Highway von Tijuana nach Ensenada |
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Allein die Fischtacos sind eine Baja-Reise wert! |
Der nördliche Teil der Baja California ist verhältnismäßig dicht besiedelt, man findet sogar ab und zu Campingplätze und kommt immer wieder in größere Orte, in denen man in billigen Restaurants essen kann. Der Lebensstandard ist hier für mexikanische Verhältnisse sehr hoch. Die Nähe zu den Vereinigten Staaten sorgt für einen starken kulturellen Einfluss und man hat hier das Gefühl, dass sich die strikte, organisierte und materialistische Lebensweise der Amerikaner mit der notwendigen mexikanischen Freizügigkeit und einer ordentlichen Brise Chaos vermischt, wodurch sich das gesellschaftliche Leben auf der Baja deutlich von jenem auf dem mexikanischen Festland unterscheidet.
Immer wieder führt die Strassel durch Strandresorts mit halbfertigen Hotels, die alle irgendwie überdimensioniert, verlassen und trostlos wirken. Der Tourismus hat nach alle den schrecklichen Meldungen über Bandenkriege und Drogenmafia vor allem hier im Norden einen starken Einbruch erlitten.
Nach Ensenanda und San Quintin hat man dann die größten Siedlungen hinter sich, der Verkehr lässt stark nach und die Strasse führt durch eine sehr einsame Gegend. Hier beginnt die eigentliche Baja California mit ihren Wüsten, Kakteen und Traumstränden.
Die vielen Hügel und Berge sind körperlich sehr anstrengend aber die größere Herausforderung einer Bajaradtour liegt eher im mentalen Bereich. Unendlich lange Geraden, die durch absolutes Niemandsland führen, die riesigen Distanzen zwischen den Siedlungen und die Eintönigkeit mancher Abschnitte koennen ganz schön ermüden.




Besonders schön sind die Nächte auf der Baja. Eine fast schon unheimliche Stille legt sich über die Wüste und die absolute Dunkelheit sorgt für einen unbeschreiblichen Sternenhimmel.
Wild zelten ist hier überhaupt kein Problem. Es gibt keine Verbote und schon gar keine Ranger.

Je weiter man in den Süden kommt, desto schöner wird die Landschaft. Riesige Cardonkakteen und einige andere eigenartige Kakteen sind die einzigen Pflanzen, die hier in dieser kargen Umgebung eine Lebensgrundlage finden. In der Vizcainowueste südlich von Guerrero Negro regnet es oft jahrelang nicht.
Erstaunlicherweise öffnet der Himmel seine Pforten für einen ganzen Tag als ich in dieser Gegend unterwegs bin. Mitten in diesem trockensten Teil der Baja California liegt die Mission San Ignacio, eine grüne Oase, voller Dattelpalmen an einem kleinen ruhigen See. Es ist schwer vorstellbar, wie hart und beschwerlich es gewesen sein muss, schon Mitte des 18. Jhdt hierher zu gelangen. Die Jesuiten müssen damals wirklich davon besessen gewesen sein, die Ureinwohner zum katholischen Glauben zu bekehren.
In San Ignacio treffe ich zwei Reiseradler, Jorge aus Spanien und Edgar aus Mexiko. Wir zelten gemeinsam und fahren ein paar Tage gemeinsam weiter. In Santa Rosalia, einer Bergbaustadt, am Golf von Kalifornien, treffen wird dann noch drei weitere Radfahrer, Emilie und Rafael aus Frankreich und Tom aus England.
Die Baja California ist ein sehr beliebtes Radreiseziel und in La Paz ergibt sich sogar einmal die seltene Situation, dass 10 Reiseradler aus 8 verschiedenen Nationen an einem Tisch sitzen und gemeinsam Bier trinken. Wahrlich eine geballte Ladung an Reisegeschichten und Radreisephilosophie.
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Jorge de Espana |
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Jorge |
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Edgar de Mexico |
Noch ein paar Eindrücke von der 1700 km langen Ritt durch die Baja California:

















Beautiful color and texture in your pictures! Thanks for sharing and keeping is update. Those fish tacos with avocado look delicious!! :)
AntwortenLöschenHoi Markus, was für prachtvolle Bilder und Geschichten! Wenn Du in dem Tempo weiter radelst, wirst Du bald in Feuerland ankommen! LG German
AntwortenLöschenHoi Markus,
AntwortenLöschenwelcher Kontrast - bei uns ist jetzt in den Bergen der langersehnte erste Schnee gefallen. Wir freuen uns über deine Berichte und Bilder!! Es ist so spannend, deine Reise zu verfolgen. Für Mexiko alles Gute!!!
LG
Beate und Paul
Hallo Markus!
AntwortenLöschenHabe gerade wieder mal deine Berichte gelesen und deine traumhaften Bilder angesehen, während bei uns der Sturm mit ca 100 Sachen ums Haus bläst. Ich freue mich schon wieder auf einen weiteren Bericht von dir (so was zu lesen ist natürlich interessanter als eine Schularbeit vor zu bereiten...). Bis dahin alles Gute auf deiner Reise. LG Manuela
Hallo Markus, wünschen dir noch nachträglich alles Gute zum Geburtstag. Geniale Bilder! Grüße Volker und Nici
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