Sonntag, 18. Dezember 2011

Die Perle des Pazifiks...


Leider bin ich nicht gerade der geborene Seemann und Schiffsfahrten und Fährpassagen sind für mich immer ein wenig mühsam. So versuche ich auch auf der  etwa 18-stündigen Fahrt über den Golf von Cortez von La Paz nach Mazatlan bei ziemlich hohem Wellengang krampfhaft mein Innenleben mit dem Schaukeln des Schiffes so gut wie möglich in Einklang zu bringen, um die zunehmende Übelkeit in der Magengegend unter Kontrolle zu halten. Für den Ernstfall habe ich bereits den schnellsten Weg hinauf aufs Deck ausfindig gemacht. 
Um so  befreiender fühlt es sich dann an, als ich um die Mittagszeit von der Fähre in den Hafen von Mazatlan rolle. 

Ich bin momentan mit Jorge aus Spanien unterwegs, den ich vor ein paar Tagen auf der Baja kennengelernt habe. Ein super Typ, mit viel Humor, grossem Herz und grenzenlosem Enthusiasmus für das Radreisen.  Wir werden zumindest die nächste Etappe nach Durango gemeinsam unter die Räder nehmen. 
Vorerst wollen wir in Mazatlan aber noch ein wenig Energie tanken,  nochmals für 2 - 3 Tage frische Meeresluft schnuppern, bevor es dann für lange Zeit in die Berge geht. 



Jorge aus Madrid
Mexikanisches Essen
vom Feinsten



















Schon auf der Fahrt vom Hafen ins Zentrum haben wir das Gefühl, in eine ganz neue Welt einzutauchen. Koloniale Häuser schillern in allen möglichen Farbentönen, Menschen drängen sich durch enge Gassen und Markthallen, der  Verkehr auf den Strassen fliesst auf undurchschaubare Weise, Menschen- und Fahrzeugmassen verschmelzen zu einem beeindruckenden Gesamtchaos. Exotische Gerüche wehen durch die Gassen, ohrenbetäubende Musik dröhnt aus Lautsprechern in den Geschäften, streunende Hunde suchen zwischen den Marktständen nach Essbarem  und Kinder aller Altersgruppen finden in diesem  Getümmel einen herrlichen Abenteuerspielplatz. Wirklich jeder Winkel der Stadt ist mit pulsierendem Leben erfüllt. 
Über der Plaza der Armas, dem sozialen Mittelpunkt der Stadt,  thronen die markanten Türme einer  außergewöhnlich schönen Kathedrale. 






























Mazatlan ist eine faszinierende Stadt und das wirklich Besondere an ihr, ist der  nur wenige Schritte vom Zentrum entfernte fast 20 km lange Sandstrand.  Es ist eine beeindruckende Erfahrung, die Fischer  dort zu beobachten, wie sie ihre Boote an Land ziehen, die Netze reparieren und die frisch gefangen Fische direkt am Strand zubereiten. Neben alten Ölfässern , die als Grill dienen,  stehen einige Tische und Stühle  -  die wohl einfachsten Restaurants der Welt mit dem frischesten Fisch.  
Die Fischer sind etwas raue Genossen, überaus  freundlich und  freuen sich über unser Interesse an ihrer Arbeit. 
























Mazatlan wird auch die "Perle des Pazifiks" genannt. Besonders mit der malerischen  Altstadt mit ihren Kopfsteinpflastergassen,  den liebevoll renovierten Kolonialhäusern, zahlreichen Kirchen, Kunstgalerien, palmengesäumten Plazas , gemütlichen Strassencafes und Restaurants wird sie diesem Namen mehr als gerecht.  Dabei strahlt sie besonders abends mit einer kunstvollen Beleuchtung besonderen Reiz aus. 
Oft setze ich mich auf eine Parkbank und lasse das faszinierende Treiben um mich herum einfach auf mich wirken. Städte wie Mazatlan sind, im Vergleich zu den seelenlosen Städten in den USA,   eine wahre Wohltat  für die Sinne.
Weihnachten hat in Mexiko einen sehr hohen Stellenwert und gerade in dieser Zeit, zeigen sich die Städte von ihrer schönsten Seite. Konzerte, Theatervorführungen, Modeschauen und die Weihnachtsgeschichte in allen möglichen Varianten sorgen für belebte  Strassen und Plätze bis spät in die Nacht. 


































Und als hätte diese Stadt am Pazifik nicht schon genug zu bieten, bringt  sie einem abends, wenn  die Sonne als glutroter Ball hinterm Horizont versinkt und sich die Felsen draussen im Meer als schwarze Silhouette gegen den orangefarbenen Himmel abzeichnen, noch einmal so richtig zum staunen.  
















Es ist manchmal mühsam sich von einem Ort zu lösen, an dem man sich wohl fühlt. Nach drei angenehmen Tagen in Mazatlan beschliessen wir uns auf den Weg zu machen und auf dem Rücken des Teufels hoch in die Sierra Madre nach Durango zu radeln. 
























Espiritu Santo...


Einer von vielen  Höhepunkten meiner bisherigen Reise war auf jeden Fall die Tour zur Insel Espiritu Santo, die mit dem Boot in etwa einer Stunde von La Paz aus erreichbar ist. Das Boot legt früh am morgen am Strand von La Paz ab. Ausser mir sind nur noch ein Paar aus Kanada und eine junge Mexikanerin an Bord, die als Übersetzerin engagiert wurde. Bevor wir Kurs Richtung Espiritu Santo nehmen, kreuzt Jesus, der Bootsführer, noch eine Weile im Meer vor La Paz herum und versucht einen Walhai aufzuspüren. Gespannt  sitzen wir im Neoprenanzug mit Taucherbrille und Schnorchel im Boot, um im entscheidenden Moment schnell ins Wasser  springen zu können. Plötzlich taucht tatsächlich ein riesiger schwarzer Schatten am Rand unseres Bootes auf. Ich springe sofort ins Wasser und sehe wie nur wenige Meter entfernt ein etwa 10 Meter langer Walhai gemütlich durchs Meer schwebt. Es wird mir wohl nicht gelingen, Worte zu finden, die nur annähernd das Beschreiben, was man in einem solchen Moment fühlt. Unfassbar wie grazil dieses gigantische Lebewesen durchs Wasser gleitet. Eine Weile halte ich respektvoll Abstand und schwimme direkt über seiner Schwanzflosse dahin. Dann tauche ich ohne viel nachzudenken einige Meter zu ihm hinunter, halte mich an seiner Rückenflosse fest und er zieht mich ein Stück mit. Mühsam arbeite ich mich  bis zu seinem  Kopf vor. Er wirft mir ganz kurz einen Blick zu und verschwindet dann langsam in den Tiefen des Ozeans. 
Ich weiss, diese  Geschichte klingt wirklich unglaublich und die ganze Fahrt nach Espirtu Santo sitze ich wie benommen im Boot und versuche das eben Erlebte zu verarbeiten. 






















Espiritu Santo wurde vor vielen Jahren zum Nationalpark erklärt und das besonders fragile Ökosystem  steht unter besonderem Schutz. Auf der Insel leben nur etwas mehr als eine Hand voll Menschen. Es sind  ausschliesslich Fischer, die in sehr einfachen Hütten leben und ihren Fang alle paar Tage auf den Markt nach nach La Paz bringen. Sie leben schon viele Jahrzehnte auf der Insel und dürfen aufgrund eines Abkommens hier weiter ihrem Beruf nachgehen.  

Auf der Fahrt rund um die Insel begleiten uns Delphine und auf vielen Felsen,  die vor der Küste aus dem Meer ragen, haben  Seelöwen eine Heimat gefunden. 
Wir machen über einem Riff halt und wenige Meter unter der Wasseroberfläche kann man bereits die ersten  Korallenbänke erkennen.    Jesus steigt mit uns ins Wasser und zeigt uns die besten Schnorchelplätze der Insel. Das Meer ist hier wirklich wie ein riesiges Aquarium, tausende Fische schillern in allen nur vorstellbaren Farben im Licht der Sonne. Immer wieder verschwindet Jesus in der Tiefe und taucht mit irgend einem eigenartigen Meeresbewohner in der Hand wieder auf.  Schliesslich entdecken uns auch noch die Seelöwen, die sich wirklich über unseren Besuch als willkommene Abwechslung zu freuen scheinen. Es bereitet ihnen sichtlich Spass, uns immer wieder zwischen den Beinen durchzutauchen oder an unseren Flossen und Anzügen zu knabbern. An Land wirken diese Tiere immer etwas schwerfällig,  aber im Wasser bewegen sie sich pfeilschnell und mit unfassbarer Erhabenheit. Ein Seelöwe rückt mir dermassen auf die Pelle, dass mir richtig ein wenig mulmig wird und ich mich mit Händen und Füssen gegen ihn wehren muss. 
An einem der schönsten Strände der Insel machen wir eine längere Pause und essen Ceviche (eine Art Fischsalat), den uns Jesus' Frau mitgegeben hat. 
Nach einer kurzen Wanderung zu einem Aussichtspunkt mit fantastischer Rundsicht machen wir uns wieder auf den Weg zurück nach La Paz. 
Mittlerweile ist der Himmel wolkenverhangen und ein starker Wind fegt übers Meer. Gekonnt manövriert  unser Steuermann das Boot durch die mächtigen Wellen. 
Es ist schon ziemlich dunkel als wir nach etwa 1 1/2stuendiger Fahrt wieder am Strand von La Paz anlegen. 
Diese Tour ist ein Erlebnis der Superlative mit vielen Erinnerungen für die Ewigkeit









































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